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Susanne Fleckenstein

KI – erobert die Welt

Ein Gastbeitrag von Susanne Fleckenstein

Ich habe diese Woche an einem Seminar zum Thema „Wie ich einen richtig guten Roman schreibe“, teilgenommen. Es ging um Geschichtenentwicklung, Figurenentwicklung, um das, was dem Lektorat immer wieder an Anfängerfehlern auffällt.

Ich habe viel gelernt.

Und ich habe viel gelernt über die Möglichkeiten, die ich habe, wenn ich meine Romane selbst vermarkten möchte. Wie erfüllend es sein kann, wenn ich Marketing selbst mache, wenn ich Cover und Druck und all diese Dinge in meiner eigenen Hand habe. Wenn ich meinen eigenen Vorstellungen und dem, was in mir lebendig ist, Ausdruck geben kann, unzensiert.

Bei alldem konnte ich gefühlsmäßig und gedanklich mitgehen. Und mal ganz ehrlich, viele von den heutigen Covern sind unglaublich wunderbar.


 

Schreib-Buddy KI?

Natürlich und unumgänglich kamen wir auch in diesem Workshop nicht um das Thema KI herum. KI ist überall, KI unterstützt überall in unserem Leben, KI nimmt uns das Denken ab.

Und KI nimmt uns letztlich auch die Benutzung unseres eigenen Gehirns ab.

Um den Einsatz von KI zu rechtfertigen, wurde im Workshop immer wieder gesagt, dass mein Buch ja immer noch mein Buch sei, selbst wenn ich mit der KI spiele.

Meine Idee sei immer noch meine Idee. KI als Schreib-Buddy.

 

Das war der Punkt, an dem ich nicht mehr mitgehen konnte.

Das, was ich aufs Papier bringe, egal ob ich meine eigenen Gedanken direkt in ein Tagebuch schreibe, ob ich eine Geschichte entwickle und damit verfügbar mache für andere Menschen, immer ist das ein Ausdruck meiner Selbst. Und immer hat es auch etwas mit meinen Vorlieben, Wünschen, Sehnsüchten, Interessen, Ängsten und Fluchten zu tun.

Über das, was ich schreibe, nein auch das, was ich schreibe, sagt immer auch etwas über mich aus. In meinen eigenen unperfekten und originalen Worten und Gedanken und meiner eigenen Schreib-Stimme liegt meine Welt.

Die KI hat Millionen und aber Millionen Bücher gelesen, kann selektieren und lernt nie aus. In ihr vereinen sich Millionen Stimmen.

Noch ist künstliche Intelligenz vielleicht auf dem Stand, nur als Unterstützung zu dienen, aber je mehr wir sie benutzen, desto mehr wird unser eigenes Denken dem Denken Millionen anderer gleichgemacht.

Gerade Vergleiche und Metaphern sollen ja frisch und unverbraucht sein und heutige Menschen noch mitnehmen können. Aber wenn wir nicht aufpassen, dann werden wir faul in unseren Kreativprozessen, dann denken wir nicht mehr manchmal tage- oder wochenlang über einen Titel nach. Wir kauen die Geschichte nicht mehr durch wie eine Kuh, die verdaut, sondern wir sind faul.

Und wir fragen einfach die KI. Ist doch leicht, Google, Alexa oder Siri oder wer auch immer, wissen schließlich alles.

Die KI hilft immer. Millionen anderer Menschen helfen uns beim Denken, die Algorithmen spucken schon das richtige aus. Wir sehen uns die ungewöhnlichen Ergüsse an und sind fasziniert.

Und irgendwann wird das Ungewöhnliche stereotyp oder völlig abgedreht.

Hier sehe ich die eigentliche Gefahr. Vielleicht ist ein Buch, das ich selbst schreibe, nicht ganz so gut wie eins, dass die KI mitentwickelt hat, weil die Metaphern manchmal stereotyp und meine Formulierungen mit meinen Lieblingswörtern gespickt sind, aber es ist immer noch und zu 100% mein eigenes Ding, unverfälscht und nicht glattgebügelt.


 

Perfekte Welt - ohne Emotionen

Bei diesem Workshop wurde immer wieder und von allen Seiten gesagt, dass man die KI ja nur nutzt, um …., dass der Schreibprozess selbst ja immer noch der eigene ist.

Momentan mag das so sein.

Aber so wie wir uns keine Handynummern mehr merken können, und so wie wir uns nicht mehr die Mühe machen, eigenes Wissen anzusammeln, sondern lieber Google befragen, genauso wird sich auch das Schreiben entwickeln.

Irgendwann wird es so weit kommen, dass die künstliche Intelligenz die besseren Bücher schreibt, denn wir füttern sie mit immer mehr Informationen und sie kann immer schneller lernen. Und so wie von KI produzierte Porträts, die Tausende individuelle Gesichter übereinanderlegt, die „schönsten“ Menschen hervorbringt, genauso werden auch Geschichten sein. Perfekt.

Aber halt keine Originale mehr. Nichts wird mehr durchschimmern von dem einen vielleicht fehlerhaften, schwachen und manchmal unkorrekten Menschen, der von Gefühlen gebeutelt und von Verletzungen alle Art geplagt ist.

Ob das gut oder schlecht ist, muss jeder selbst für sich entscheiden.

 „Plotte lieber dein Buch mit einer KI, damit du gleich vergleichen kannst, welche Chancen du auf dem Buchmarkt hast.“

Man könnte noch anhängen: „… denn sie hat eh die interessanteren Orte, Menschen, Begebenheiten und Formulierungen.“

Wir füttern sie voller Enthusiasmus und spielen mit ihr, und ja, ich glaube fest, dass wir uns ein Monster anfüttern, das wir irgendwann nicht mehr beherrschen können.


 

Susanne Fleckenstein ist Autorin aus dem bayerischen Schwaben. Mit ihrer Leidenschaft für Geschichte und Geschichten bringt sie ihre Heldinnen und Helden in größte Schwierigkeiten, vor allem im Schottland der Jahre 800 - 1000 n. Chr.

Mit 'Die Jagd' gewann sie 2023 den Schreibwettbewerb der Zeitschrift 'Geliebte Katze', einer Kurzgeschichte über ihren eigenen Kater Thommy.


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